Unser Redebeitrag auf Kundgebung „Für einen linken Konsens -GEGEN JEDEN ANTISEMITISMUS“ am 22.11.2023

Als emanzipatorische Linke befinden wir uns in einem Moment wirklich nur schwer aushaltbarer Ambivalenzen:

Es ist 2023 und Leute, die sich selbst als links und progressiv verstehen diskutieren in den vergangen Wochen darüber, ob es nicht eventuell nachvollziehbare Gründe für das größte Pogrom an Juden*Jüdinnen seit der Shoah gibt und ob die nicht irgendwie halt auch selbst Schuld sind, wenn Islamisten sie ermorden, weil sie ja in Israel leben.

Einige von diesen Leuten sitzen dann in Berlin auf der Straße, klatschen in die Hände und rufen “Free Palestine from German Guilt” und merken dabei scheinbar nicht, dass sie mit dieser Umformulierung der rechten Forderung nach einem Schlussstrich zum Sinnbild der sonst zurecht vehement abgelehnten Hufeisentheorie verkommen.

Wir wollen nicht mit Leuten auf Treffen sitzen oder auf die Straße gehen, die tote Juden*Jüdinnen maximal als bedauerlichen Kollateralschaden verstehen und denen die Sicherheit lebender Juden*Jüdinnen in- und außerhalb Israels egal ist. Die letzten Wochen waren geprägt von erschreckender Emphatielosigkeit.

Während Menschen, von denen wir vielleicht bis vor kurzem noch dachten, wir wären gemeinsam an einer befreiten Gesellschaft interessiert, auf Instagram in pastellfarbenen Kacheln mörderischen Antisemitismus verleugnen, verharmlosen oder rechtfertigen, können Juden*Jüdinnen nicht sicher durch Städte laufen, wenn dort vermeintlich pro-palästinensische Demonstrationen stattfinden.

Dass antisemitische Aussagen auf Demos unterbunden werden müssen, steht für uns nicht zu Debatte, eine plurale Gesellschaft muss Antisemitismus nicht aushalten, sondern ihm aktiv widersprechen!

Antisemtische Aussagen auf Demos unterstützen Radikalisierung. Wir erleben mit, wie es im Umfeld oder Nachgang dieser Veranstaltungen vermehrt zu antisemitischen Vorfällen kommt. Als Linke muss es uns ein Anliegen sein, dass das nicht passiert!
Dabei werden wir aber ganz sicher nicht plötzlich auf die Staatsgewalt und ihre sogenannten Sicherheitsbehörden vertrauen.

Wir verurteilen den offenen Antisemitismus, der aktuell auf die Straße getragen wird und wir verurteilen alle angeblichen Genoss*innen, die ihn nicht sehen wollen oder in Kauf nehmen. Genauso verurteilen wir aber auch die Polizeigewalt im Kontext der Demonstrationen und die rassistische Instrumentalisierung des Pogroms vom 7. Oktober durch bürgerliche Politiker*innen. Mit Leuten, die Kritik des Antisemitismus für ihre Abschiebephantasien instrumentalisiere, wollen wir nichts zu tun haben!
Die Polizei hat in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass sie ein Sammelbecken für antisemitische und rassistische Menschenfeinde sind.
Politiker*innen stellen indiskutable Forderungen nach Ausweisung und Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft bei Antisemit*innen und denken, wir hätten vergessen, dass Ihnen Antisemitismus vor ein paar Wochen noch herzlich egal war. Es ist überhaupt kein Problem als Verfasser antisemitischer Hetzschriften ranghohe politische Ämter zu bekleiden. Für uns als Kommunist*innen ist klar: Es gibt keinen Kapitalismus ohne Antisemitismus! Deswegen an dieser Stelle nochmal in aller Deutlichkeit, dass für uns als Antifaschist*innen eigentlich Selbstverständliche: Polizei und CDU/CSU Politker*innen sind nicht unsere Friends!

Linke Antisemitismusapologet*innen und Terrorismusunterstützer*innen aber eben auch nicht. Deshalb stehen wir hier heute mit euch zusammen, um ein Zeichen gegen jeden Antisemitismus, auch in linken Strukturen und Bündnissen zu setzen.

Für eine linke Antisemitismuskritik!

Bring them home!

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